Saskatchewan, Manitoba & Alberta

01. - 27.10.2017

 

Wieder auf Reisen

Daniels Mum besucht uns und wir fühlen Wanderlust in uns!




Sonntag, 01.10.2017 - Toronto

 

Heute ist erst einmal Ausschlaftag, denn die Nuit Blanche ging doch ganz schön lange - um 4 Uhr waren wir erst im Bett. Also gönnen wir uns einen entspannten Morgenstart mit Brötchen und Kaffee von Starbucks - dekadent ;) Die Brötchen sind vom Portugiesen, sie erinnern ebenso an kanadische wie an deutsche Backspezialitäten, eine ganz okee Mischung, kann man sagen. Zwei Brötchen schmieren wir uns als Proviant, denn wir wollen heute einen Ausflug machen zu den Scarborough Bluffs, das ist ein Park, der wunderschön am Ontario-See gelegen ist. Wir holen uns also noch ein Tagesticket beim Kiosk und fahren mit der U-Bahn und dem Bus in die Richtung des Parks. 

Das Öffi-Ticketsystem ist hier übrigens ganz komisch. Man kann in den Straßenbahnen und Bussen bar bezahlen und wirft sein Kleingeld, 3.25 CAD, in einen gläsernen Schacht (keinen Automaten), durch den der Kunde und der Busfahrer sehen können. Der Busfahrer kann theoretisch kontrollieren, was man reingeschmissen hat, aber wenn man einfach ganz viele 25 Centstücke oder 5er reinwirft, hat er - realistisch gesehen - keine Chance, nachzuvollziehen, ob man tatsächlich genug reingeworfen hat. In der U-Bahn kann man Tokens kaufen. Für 3 Dollar gibt es einen Token, die Fahrten werden also günstiger. Diese Token gibt es allerdings nur da! Man schmeißt auch die weder in der U- oder Straßenbahn oder dem Bus in einen Automaten, sondern immer in diese Boxen, in der U-Bahn sitzen dann Kontrolleure daneben und checken, ob man den Token oder den richtigen Betrag reingeworfen hat. Aber manchmal ist da auch niemand, der kontrolliert. Und man kommt außerdem beim Einsteigen in die Öffis durch jede Tür rein, so dass man nicht gezwungen ist, dem Fahrer vorne sein Ticket zu zeigen. Ganz ominös. Wir verstehen nicht, wie das funktioniert, die Kanadier müssen einfach ehrliche Menschen sein.   

Nach der Busfahrt müssen wir auf jeden Fall noch ein bisschen laufen, der Weg führt uns durch einen Park hin zu einem anderen Park, von dem aus man aufs Wasser herunterschauen kann. Es ist richtig hügelig mit steilen Klippen, so dass ein großer Teil in der Nähe der Klippen abgesperrt ist - aber an die Absperrung hält sich keiner, alle klettern drüber. Und nur von dort kann man auch sehen, wie wunderschön der Anblick des Ontariosees ist! Wir fühlen uns wie in Italien oder Griechenland, man sieht einen Hafen, einen Park, ganz viele Menschen, einige baden sogar. Wir genießen das mediterrane Feeling und beschließen, auch einmal nach unten zu spazieren und am Wasser entlangzugehen. 

Unten ist es irgendwie witzig. Von oben sah der Park mit seinem großen Hafen ziemlich dekadent aus, nach reicher Wohngegend. Unten allerdings im Park sind nur "normale" Menschen unterwegs und zum großen Teil riesige Familienclans, die sich zum Picknick treffen. Asiaten, Südländer, es wird gegrillt, man hört orientalische Musik. Total lustig und spannend, dass das offenbar Treffpunkt für laue Sommerabende ist! Wir genießen das Flair und machen eine große Runde, bis es allmählich dunkel wird. 

Unser Weg führt uns dann wieder zurück, wir kehren noch beim Pizzamann ein und entscheiden dann, einmal bis zur Queenstreet zu gehen und mit der Straßenbahn von Queen East, was wir noch nicht kennen, bis zu uns nach Hause zu fahren. Es kommt zuerst ein Bus, der alle Fahrgäste nach ein paar Haltestellen wieder rausschmeißt und dann erst die Straßenbahn, ein Junge sagt zu uns: "That's Toronto, eh?". Leider sieht man nicht mehr so viel von der Queenstreet East, aber es ist trotzdem schön, das mal gemacht zu haben - jetzt kennen wir die Haupteinkaufsstraße Torontos von vorne bis hinten, naja fast :) Danach ruft das Bett!

Montag, 02.10.2017 - Toronto

 

Daniel schläft aus, Agnes geht Sport- und Wanderschuhe kaufen - ihre alten von Walmart haben sowas von den Geist aufgegeben. Sie geht in die Dufferin Mall, gleich das erste Geschäft ist eine Art TK MAXX, ein Ausverkaufgeschäft von Markenware. Sie hat keine Lust, lange zu suchen, und findet ziemlich schnell ein runtergesetztes Paar türkisfarbener Schuhe von Adidas - gekauft. Danach schlendert sie noch kurz in der Mall rum, bevor sie zum Auto geht - Daniel ist nicht da, er ist schon in der Bib. Sie leistet ihm Gesellschaft und telefoniert noch mit ihrer Freundin Rike. Abends beschließen die beiden, endlich Agnes Scheck aus dem Restaurant, in dem sie Dishwasher war, abzuholen und danach noch bei "Loaded Pierogi", einem Piroggenladen auf der Queenstreet, zu essen. Das hatte Agnes noch auf ihrer Wunsch-Essensliste. Wir bestellen eine herzhafte und eine süße Portion Pierogi, einmal gedämpfte und einmal frittierte (da stehen die Kanadier ja drauf). Lecker, das ist eine gute Wahl gewesen! Anschließend laufen wir nach Hause und lösen alle unsere Schecks ein, Agnes hatte noch einen von Schnorti, Daniel einen von seiner Arbeit. Super, wieder was erledigt. Abends sehen wir noch einen Mission Impossible-Film, der super unrealistisch ist, dafür aber mit netter Action. Naja, war gut zum Einschlafen! 

Dienstag, 03.10.2017 - Toronto

 

Heute ist Duschtag :) Agnes macht sich auf in den Fitnesstempel, Daniel ins Schwimmbad. Die letzten Tage von TO brechen an, Agnes hat ihre (Food)-Mission noch nicht ganz beendet - Funnel Cake vom Funnel Cake Express steht noch auf der Liste, ebenso wie einmal durchs Eaton Center gehen. Um 16 Uhr sind wir mit Keno und seinem Freund James verabredet, Keno ist ein Freund aus Hannover, der seit einigen Jahren in Oxford lebt und dort seinen Doktor macht. James ist Australier und vor 10 Jahren nach England ausgewandert. Die beiden haben zwei Monate in NY verbracht, weil Keno dort an der Princeton-Uni ein Projekt hatte. Nun machen die beiden noch einige Tage Urlaub in TO und in Vancouver. 

Daniel lässt, während Agnes im Eaton-Center ist, seine Sonnenbrille beim Optiker reparieren, die eine Schraube ist ständig rausgefallen und wurde irgendwann durch eine Pinnnadel ersetzt - eine nette, aber nur temporäre Idee. Er hat die Schrauben-Modifikation sogar umsonst bekommen, obwohl der Optiker 15 Minuten gebraucht hatte. 

Um 16 Uhr treffen wir uns alle, es ist richtig schön, wir können viel quatschen! Da James vegan lebt und wir Hunger verspüren, suchen wir ein schönes Restaurant auf Kensington Market auf, anschließend bummeln wir durch Graffity Alley, die Daniel und Agnes auf der Nuit Blanche entdeckt hatten. Wir finden einen urbanen Garten mit Tomaten und einer Schlangenhaut und beschließen dann, noch zum Casa Loma zu fahren. Das burgartige Herrenhaus wurde Anfang 1900 errichtet und erinnert an mittelalterliche Schlösser aus Europa. Das Casa Loma wurde eins bewohnt, dient heute aber als Museum und Veranstaltungsort. So sind dort gerade z.B. Horrornächte, das ist lustig, weil man die Leute schreien gehört hat. Wir schießen ein paar Fotos und begeben uns dann zu unserem letzten Stopp - einem Spielecafé auf College Street. Es ist ein Paradies. Sooo viele Spiele stehen dort in Regalen, unterteilt nach "zu zweit zu spielen", "leicht", "mittel" und "da kann euch niemand außer euch selbst bei helfen". Es gibt einen Spielemaster, der sich mit jedem Spiel auskennt und an die Tische kommt, wenn er merkt, dass man in den Spielregeln rumblättert. Wir bestellen Cider und Pommes und entscheiden uns für das Brettspiel "Colt Express", das 2015 Spiel des Jahres war. Ein total witziges Spiel - alle sind Banditen und überfallen einen Zug, man kann die anderen Banditen schlagen, anschießen und muss das Geld aus dem Zug klauen. Das Witzige ist, dass man seine Aktionskarten in fünf Runden ausspielen muss, aber die Aktionen erst zum Schluss ausgeführt werden. Das heißt, man muss für alle Spieler ungefähr im Kopf haben, wo wer wie hingeht, wo das Geld ist, wer auf einen schießen könnte etc. Es gibt aber auch Runden, in denen der Zug durch einen Tunnel fährt und die Aktionskarten verdeckt hingelegt werden, so dass man am Ende einfach nicht mehr weiß, ob seine Aktionen Sinn machen. Herrlich! Danach spielen wir "Mysterium", James mimt einen Geist, der uns drei Spielern Hinweise zu einem Mord gibt. Er spielt uns Karten zu, anhand derer wir rätseln müssen, in welchem Raum welcher Mensch mit welcher Tatwaffe jemanden umgebracht hat. Das ist gar nicht leicht!

Wir spielen echt lange, nach Mitternacht verlassen wir das Lokal. Ein schöner Abend!

Mittwoch, 04.10.2017 - Toronto

 

Den Morgen verbringen wir in der Bibliothek. Um 13 Uhr holen wir Daniels Mutter am Bahnhof ab, dorthin hat sie es nach dem Flug gut geschafft. Sie kommt mit einer Schnellbahn an und hat nicht allzu viel mit. Sie hat für eine Nacht in Tonte ein Air BnB gebucht, wohin wir gehen. Da es aber noch ein wenig zu früh ist, um dort anzukommen, trinken wir noch ein Käffchen bei Starbucks.

Gegen 15 Uhr können wir in die Unterkunft, die eigentlich nicht vermietet werden durfte. Deshalb hat die Air BnB-Lady auch nicht ihre wahre Adresse auf der Seite angegeben, einen falschen Namen und ein falsches Foto von sich eingestellt. Sie wohnt in einem YMCA-Haus, das nur für Frauen ist. Wir lassen aus Versehen das Wort Air BnB im Hauseingang fallen und einige Bewohner schauen uns irritiert an. Hoffentlich bekommt die Lady keinen Ärger. 

Das Zimmer von Barbara sieht schön aus und ist mitten in der City, da kann man sich wohlfühlen. Wir beschließen, ihr ein bisschen die Stadt zu zeigen (Hafen, Hochhäuser etc), snacken dann noch was im günstigen Restaurant und gehen abends endlich mal in die Art Gallery of Ontario, die ist nämlich immer mittwochs frei. Es ist total cool da, es gibt so viele verschiedene Dinge anzuschauen. Nach gut eineinhalb Stunden sind wir aber auch richtig platt und bringen Barbara in ihre Unterkunft. 

Auch wir verabschieden uns und marschieren heim, machen dort noch ein paar Fotos von Abels Friseursalon und das war's dann auch.

Donnerstag, 05.10.2017 - Toronto & Lion's Head

 

Morgens muss Daniel noch seinen letzten Paycheck vom Dönermann holen, danach holt er seine Mum ab. Agnes geht in der Zeit ein letztes Mal zu Starbucks - in Ruhe die letzten Mails schreiben, noch ein Käffchen trinken, noch einmal über die Zeit in Toronto nachdenken. Und über unsere Fahrt, denn wir haben für 2200 Kilometer - Toronto nach Winnipeg - nur eine Woche Zeit. Am 11. zur Mittagszeit wird für Barbara der Flieger nach Deutschland gehen. 

Gegen 13 Uhr schaffen wir es, nach einem Ölcheck loszukommen - erstmal zu Walmart. Dort kaufen wir groß ein - Brot, Bananen, Cornflakes, Milch, Nutella etc. Und dann zuckeln wir zu unserem ersten Stopp, Lion's Head Provincial Park. Als wir ankommen, ist es bereits ziemlich spät und wir müssen uns beeilen, noch ein bisschen zu wandern, bevor wir in die Dunkelheit kommen. Also laufen wir einen Waldweg entlang an Klippen vorbei, bis wir zu einem schönen Aussichtspunkt kommen. Von dort sehen wir auf die Georgian Bay, es ist wunderschön. Wir bestreiten nicht den gesamten Trail, sondern sind uns dunkelheitstechnisch einig, doch lieber zurückzugehen und das erste Motel zu suchen. Wir haben - bis auf ein Air BnB in Winnipeg - nichts im Vorhinein gebucht, weil wir nicht genau wissen, ob wir die von uns geplanten Tages- und Nachtziele auch tatsächlich so einhalten können. Also fahren wir nach Lion's Head, wo wir am Hafen ein richtig schönes Motel mit zwei großen Doppelbetten finden, das ein Holländer führt. Er rät uns dringend, für den nächsten Tag die Fähre von Tobermory nach Manitoulin Island (die hatten wir gewählt, um den Weg ein wenig abzukürzen) zu reservieren, da am Montag mit Thanksgiving das letzte lange Wochenende der Kanadier endet... Und da kann es natürlich möglich sein, dass für diese lange Zeit alle nochmal auf ihre Cottages wollen, um diese winterfest zu machen... Mist, hatten wir nicht dran gedacht. Und da es schon 20 Uhr ist, erreichen wir natürlich bei der Fähre keinen mehr. Wir kochen uns noch Nudeln, da das Motel eine Kochzeile hat, und gehen nicht allzu spät schlafen, denn die Fahrt hat doch ganz schön geschlaucht - ins Fahren muss man erst einmal wieder reinkommen. Aber das Auto hat ein Glück tip top mitgemacht! 

Freitag, 06.10.2017 - Bruce Peninsula National Park & Espagnola

 

Morgens rufen wir zuerst einmal bei der Fähre an, wir wollten eigentlich eine um 13 Uhr nehmen. Leider sind alle reservierten Plätze weg, aber die freundliche Dame am Telefon, die offenbar die Order hat, ständig den Vornamen des Anrufenden zu wiederholen :), erklärt uns, wir könnten einfach ab 11 Uhr dort stehen und waren. Noch früher sei natürlich noch besser... Tja, leider ist es schon 9 Uhr und wir wollen unbedingt in den Bruce Peninsula National Park! Es gäbe noch ein Fähre um 18 Uhr, die dann gegen 20 Uhr drüben wäre. Dort könnte man sogar noch was reservieren. Na gut, dann machen wir das, es nützt ja nix. Besser als Ewigkeiten auf einen vielleicht-Fährplatz zu warten. Also machen wir uns gemütlich in den Park auf, wir wollen "The Grotto" erobern. Das ist eine Höhle, zu der man runterkraxeln muss. Zunächst geht man aber durch einen Wald an Klippen vorbei, von denen man immer wieder in traumhaft blaues Wasser schauen kann, das auf den ersten Metern hell-, dahinter dunkelblau ist. Ganz zauberhaft. Und dann müssen wir klettern, also wirklich. Zur Grotto kommt man nur, wenn man sich vorsichtig an Klippen vorbeihangelt. Agnes bevorzugt die Sitz- und Schieb- und Krabbelmethode statt die Klettermethode. Wie man wo hinkommt, ist ja egal! Barbara bleibt lieber auf der sicheren Seite und macht Fotos.

Daniel und ich sind von der Höhle mit seinem blau-grünen Wasser ziemlich angetan. Als wir wieder heil auf der anderen Seite gelandet sind, beschließen wir, noch ein bisschen weiter zu den überhängenden Klippen zu wandern - auch dort bietet sich uns eine traumhafte Aussicht! Wir schauen noch im Fathom Five Marine Park vorbei und steigen einen Aussichtsturm hoch, danach machen wir noch einen Spaziergang ans Wasser. Daniels Mum ist superfit und klettert über Stock und über Stein. kein Wunder, dass da bald der Hunger kommt.

Wir beschließen, Richtung Fähre zu fahren und dort noch was Kleines zu essen. Wir finden einen Burgerladen, snacken lecker, schauen uns noch ein bisschen im Örtchen Tobermory um und machen alle noch ein Nickerchen am Hafen. Denn auf den Fährparkplatz kommt man schon zwei Stunden vor Abfahrt der Fähre. Das Schläfchen tut uns allen gut und nach dem Aufstehen freuen wir uns auf die Überfahrt. Das Wetter ist wunderbar, die Sonne scheint, der Himmel ist blau und die Fährüberfahrt toll. Wir genießen den Sonnenuntergang, gönnen uns ein Käffchen und entspannen im Inneren der Fähre. Als wir drüben auf der Insel ankommen, von der der Highway uns weiter Richtung Winnipeg führen wird, ist es schon dunkel. Und wir sehen etwas ganz Fantastisches: einen riesigen, käsegelben Vollmond, der beim Aufgehen so aussieht, als würde er über der Autobahn schweben. Es ist fantastisch. Wir können nicht glauben, was wir sehen! So allmählich setzt die Müdigkeit ein, so dass wir nach einer Unterkunft suchen und schließlich eine in Espagnola finden. Ein ziemlich schickes Motel, bei dem man sich fragt, was noch der Unterschied zu einem Hotel sein soll... Wir snacken noch ein paar Nudeln und gehen dann im ultragemütlichen Bett, besser gesagt in zwei Doppelbetten, schlafen. 


Samstag, 07.10.2017 - Sault Ste. Marie & Lake Superior Provincial Park

 

Es nieselt und ist kalt. Aber wir trotzdem dem Wetter, ist doch klar. Und fahren los in Richtung Sault Ste. Marie. Davor stoppen wir aber an einer Stelle, die schön aussieht, weil wir einen Wasserfall rauschen hören. Sehen tun wir ihn nicht, er scheint doch kleiner zu sein als gedacht. Aber das Rot der Blätter ist traumhaft schön. Die Gegend und Landschaft, die wir durchqueren, hat wirklich eine zauberhafte Schönheit in sich. 

Als nächster Stopp ist Sault Ste. Marie geplant. Warum? Keine Ahnung :) Wir parken auf einem Walmart-Parkplatz und kaufen auch noch ein paar Kleinigkeiten ein. Auf dem Parkplatz schnackt uns ein Hobo an, der sagt, es gebe einen schönen Wochenmarkt in der Nähe, den wir uns ja mal angucken könnten. Er bringt uns hin und wir sind begeistert. Es gibt Alpakas dort, Kuchen, Früchte und Sauerkraut im Glas. Letzteres erstehen wir. Danach laufen wir am Wasser entlang, sehen Bärenfiguren, ein großes Outdoorzelt, aber nichts richtig Schönes. Also schwingen wir uns wieder ins Auto und fahren zum Lake Superior Provincial Park. Leider regnet es inzwischen richtig doll und dämmert ganz leicht. Wir spazieren also mit dicken Schuhen und Regencapes los, nehmen einige Wasserfälle mit bzw. immer den gleichen, der sich aber immer verschieden zeigt. Schließlich, obwohl wir noch nicht am Ende des Wanderweges sind, müssen wir aber umkehren, weil es tatsächlich dunkel wird und der Weg nicht dafür gemacht ist, im Dunkeln zu laufen. Dafür gibt es zu viele Baumwurzeln, über die man fallen könnte. 

Also gehen wir zum Auto und suchen eine Unterkunft für die Nacht. Barbara findet ein nettes Zimmer, wir duschen dort und wärmen uns auf. Davor heizen wir aber so richtig durch, denn wir frösteln alle ganz schön. Abends kochen wir Kartoffeln und Sauerkraut, es schmeckt sehr gut! 


Sonntag, 08.10.2017 - Neys Provincial Park & Thunder Bay 

 

Auf dem Plan für heute steht der Neys Provincial Park - auch direkt am Lake Superior gelegen. Nach einem Frühstück mit Käffchen machen wir uns also am Morgen auf den Weg, damit wir mal einen Park im Hellen erleben :) Das Wetter hat sich beruhigt, die Sonne scheint und die Farben des Herbstlaubes sind berauschend. 

Gegen Mittag erreichen wir den Park und stärken uns davor noch mit einer Scheibe Käsebrot. Der große Parkplatz ist bereits gesperrt, denn die Saison ist offenbar vorbei. Aber ein paar  Parkplätze finden wir doch am Anfang des Eingangs, wir sind auch nicht die Ersten dort. Zum Besucherzentrum, wo meistens die Pfade ausgeschildert sind, sind es erstmal noch gut zwei Kilometer, aber es nützt nix. Irgendwo müssen wir ja anfangen. Dort finden wir tatsächlich einen Trail in Rundform, dessen Hinweg uns durch einen Wald führt, der Rückweg soll an der Küste entlanggehen. Es stellt sich heraus, dass die Steine, über die wir kraxeln, tatsächlich Lavagestein sind - cool, so historisch. Der Waldweg ist etwas matschig und es liegt ein Baumstamm im Weg, alles noch ganz gemäßigt. Dafür ist der Rückweg spektakulär und ganz schön spannend, denn man muss auch mal über Felsen hüpfen, die mitunter rutschig sind. Der See hat ganz schöne Power und die Wellen sind recht hoch - wir sind alle total beeindruckt. An den Felsen brechen sich die Wellen nur teilweise, es peitscht auch ordentlich Gischt hoch. Irre, was die Natur zu bieten hat. Wir schauen dem Schauspiel immer wieder mit Wonne zu. Nach gut vier Stunden sind wir wieder am Auto und fahren in den Sonnenuntergang - es ist herrlich. Danach wird es immer recht schnell dunkel, so dass wir zügig eine Unterkunft finden müssen. Glücklicherweise entdeckt Daniel ein Schild mit der Aufschrift "International Hostel" - mal schauen, was das ist. 

Das Hostel wird von einem alten Mann geleitet, Lloyd. Es sieht mehr so aus, als wäre man in seinem Privathaus gelandet. Er vermietet einzelne Zimmer für 25 Dollar, endlich mal ein moderater Preis, und hat auch noch genügend Zimmer für die Nacht übrig. Wir dürfen uns in seine Küche, an die das Wohnzimmer ohne Tür angeschlossen ist, setzen, bekommen Kürbis-Pie angeboten und einen Tee und schnacken noch eine Runde mit ihm. Er erinnert Daniel und Agnes genau an den netten, verrückten Air BnB-Host aus Boston. Die waren beide Lehrer, haben beide Englisch und Geschichte unterrichtet und haben beide viel von der Welt gesehen. Und hatten beide große Lust, zu reden ;) Aber ja, es ist ganz nett, es fällt nur fast ein bisschen schwer, sich ins Bett zu verabschieden. Wir bekommen noch ordentlich Lektüre mit, denn Lloyd schreibt immer wieder Geschichten für das Lake Superior Magazin. Wir wollen eigentlich eine lesen, aber die sind einfach zu lang. So schlafen wir geschichtenlos ein!


Montag, 09.10.2017 - Tunder Bay, Kakabeka Falls, Quetico Provincial Park & Fort Frances 

 

Am Morgen packen wir ganz in Ruhe zusammen und Daniel und Agnes machen Pancakes. Währenddessen singen Barbara und Lloyd Lieder, denn sie mögen beide Gospels. Lloyd hat viele Platten und spielt auch am Klavier. Als der Frühstückstisch mit Apfelmus, Maplesirup, Butter usw. vorbereitet ist, kommt noch ein Freund von Lloyd hinzu, dem wir natürlich auch Pfannkuchen anbieten. Gegen Mittag verlassen wir die Unterkunft - es ist echt prima dort gewesen. Verrückt und individuell. Wir sind nun in der Nähe von Thunder Bay, wo eine Familie lebt, die Daniel und Agnes vor einigen Monaten beim Wandern in einem Nationalpark kennengelernt hatten. Wir mailen die an, ob sie uns noch ein paar Hikingrouten empfehlen können und sie schreiben auch, dass wir gerne vorbeikommen können. Toll, das machen wir! Auf ein Käffchen zu den Bekannten nach Thunder Bay. An Andrew konnten wir uns noch gut erinnern, aber seine Frau, Karlene, und seine Kinder, Hanna und Willam, hätten wir nicht wiedererkannt :D Es gibt Kaffee und selbstgebackene Kekse, die leckerer waren als diese weichen von Subway! Wir plauschen ein bisschen über dies und das und machen uns gut eineinhalb Stunden später wieder vom Acker - schließlich wollen wir noch ein bisschen wandern. 

Aber zuerst führt uns der Weg noch zu den Kakabeka Falls, super beeindruckende Wasserfälle bei Thunder Bay. Wir wissen erst nicht so recht, ob wir tatsächlich für den kurzen Anblick bezahlen sollen (man braucht eigentlich ein Parkticket). Aber da wir uns entschließen, den Anblick vielleicht doch ein bisschen länger als nur kurz zu genießen, bezahlen wir 3 CAD :) Schon ok. Man kann die Wasserfälle von beiden Seiten anschauen - sie sind sooo krass! Man muss sich richtig von ihnen losreißen. Aber das tun wir, denn wir wollen zum Quetico Provincial Park. 

Dort angekommen, finden wir einen Trail, den Pinientrail, der uns durch einen Wald zu einem Fluss führt. Ja - ist jetzt nicht super beeindruckend, aber ganz ok. Und das Schöne an dem Pfad ist, dass wir ein Schwanenpärchen sehen, das ganz alleine über einen See schwimmt. Wie ein altes Ehepaar!

In Fort Frances finden wir schließlich ein Motel, essen Bratkartoffeln und Gurkensalat und gehen dann zügig zu Bett - schließlich soll der Tag darauf ein einziger Fahrtag werden.


Dienstag, 10.10.2017 - Winnipeg 

 

Tatsächlich fahren wir nur durch die Landschaft, die sich so allmählich verändert. Stellenweise ist in Ontario nichts außer Seen und Wälder, keine Tankstelle, kein Kiosk, kein gar nichts. Die Seen werden Richtung Manitoba merklich weniger, die Wälder sind inzwischen nur noch gelb (die "rote" Phase mit den Ahornblättern war wohl schon vor zwei Wochen) und von Hügeln ist keine Spur mehr. Das platte Land ruft. Wir snacken noch eine kleine Runde und gegen Nachmittag kommen wir endlich in Winnipeg, Manitoba an, kurz davor hatten wir offiziell die längengradtechnische Mitte des Landes erreicht. Joah, Winni sieht von Weitem ganz nett aus, ein paar Wolkenkratzer hat es. Der Verkehr ist etwas anstrengend, alle scheinen Feierabend zu haben - dabei ist es erst - Moment! Wie spät ist es?! Denn wir haben wieder eine neue Zeitzone erreicht: - 7 Stunden zu Deutschland. Also ist es gegen 16.30 Uhr. Wir fahren zum Air BnB in der Toronto-Straße, parken das Auto und suchen die Unterkunft auf. Wir haben ein ganzes Haus für uns für zwei Tage gebucht. Wir klopfen an, weil wir nicht wissen, ob der Vermieter vielleicht doch da ist (wir hatten keine Uhrzeit ausgemacht, sondern einfach einen Türcode bekommen). Und es machen uns tatsächlich Leute auf, zwei ältere, die total stoned aussehen. Oder wie auf Medikamenten. Ok?! Sie sind verwirrt, ebenso wie wir, und der Mann bittet uns herein. Wir denken, das sind die Vermieter, die offenbar nicht auf dem Schirm hatten, dass wir kommen und dort selbst leben. Aber im Haus sind noch ganz viele andere ältere Menschen. Agnes denkt, das ist irgendwie eine zeitweise Rehaeinrichtung oder so. Eine Frau kommt auf uns zu und sagt, in den letzten Nächten wären Ratten im Haus gewesen, deshalb hat sie schon Air BnB angerufen und eigentlich wollten sie gestern aus dem Haus sein, spätestens heute Morgen. Aber da sie keine Ratten mehr gehört hatten, sind sie geblieben. Und ob der Vermieter das Haus ernsthaft doppelt vermietet hätte?! So allmählich dämmert es uns: Das sind auch Air BnB-Gäste. Ach nee, hier ist was schiefgelaufen. Die älteren Leute sind recht aufgeregt, schließlich feiern sie alle zusammen den 90. Geburtstag der Mutter und haben sich deshalb in dem Haus zusammengefunden. Ohje, wir fragen also nach dem Wifi-Code, Daniel loggt sich in seinen Account ein und stellt fest, dass er zwar vom 10.-12. gebucht hat - aber eben für November!!! Herrje! Wir entschuldigen uns für die ganze Aufregung und müssen nun eine neue Unterkunft suchen. Alle wuseln um uns herum und sind ganz verwirrt, weil sie denken, wir wollen da bleiben, aber alle Zimmer sind ja belegt. Wollen wir ja auch gar nicht, wir suchen ein Motel. Und werden schließlich auch fündig, Thriftlodge heißt die Unterkunft und ist auf der Notre Dame Avenue. Uh. Ja. Das ist mal gewöhnungsbedürftig. Im unteren Teil des Motels, das sogar einen Wasserpark hat, sind Sozialwohnungen drin und die Gestalten, die davor rumhängen, sehen wenig vertrauenerweckend aus... Wir parken unser Auto und hängen drinnen alles ab, schließlich wollen wir noch einmal in die Stadt gehen. Das Motelzimmer ist, bis auf, dass die Heizung nicht funktioniert, ok. Immerhin. 

Wir machen uns auf den Weg in die Stadt und können sagen, dass wir uns zum ersten Mal in Kanada auf den Straßen nicht gut und nicht sicher fühlen. In Winnipeg sind total viele Fertige. Drogenabhängige und Sozialschwache. Die Stadt ist überhaupt nicht schön von dem, was wir sehen. Wir werden um Geld angebettelt und wollen einfach nur noch irgendwo rein, was essen. Das ist gar nicht so leicht, schließlich setzen wir uns in ein etwas schickeres Restaurant und bestellen fancy Salat. Der war gut. Zurück nehmen wir uns ein Taxi, wir sind alle ziemlich müde, außerdem muss das Nach Hause Laufen zu Fuß nicht sein... 

Die Nacht ist ereignislos, ein Glück!

Mittwoch, 11.10.2017 - Winnipeg

 

Letzter Tag! Frühstück und Fertigmachen ab 8 Uhr, denn um 9 wollen wir Barbara zum Flughafen bringen. Der Flug soll gegen 12.30 Uhr gehen. Wir kommen ziemlich gut durch, finden einen Parkplatz am Flughafen und bringen sie zum Kofferabgabeschalter. Sie bekommt für den ersten Flug nach Calgary ein Upgrade für die erste Klasse :) Gemütlich gönnen wir uns noch ein Käffchen in der Lobby des Flughafens, dann sagen wir alle goodbye. Daniel und Agnes steuern einen Tim Hortons an, wir wollen in Ruhe surfen und ein bisschen die Tage in Winnipeg planen. Der Schnorti hat sogar Strom - und zwar so ziemlich an jedem Platz. Yeah!!! Wir surfen ganz in Ruhe und beschließen, abends ins Museum for Human Rights zu gehen, denn das kostet mittwochabends nur 5 CAD Eintritt. 

Winni ist eigentlich sogar eine schöne Stadt, bemerken wir. Also architektonisch macht es sogar einiges her, außerdem gibt es viele Museen und Theater. Aber die andere Seite lässt sich halt nicht verdecken..

Das Menschenrechtsmuseum klärt uns etwas auf: In Winnipeg leben viele Ureinwohner und Metis (das sind die Europäer die Ureinwohner geheiratet haben und deren Nachfahren), die immer noch unter den Folgen davon leiden, dass man ihnen ihre Kinder zwanghaft weggenommen hat, um sie antiindianisch, westlich zu erziehen. Die Eltern haben dann aus Verzweiflung angefangen, zu trinken und auch die Kinder sind in den Teufelskreis mit reingezogen worden. Und die Kinder wurden bis in die 1990er Jahre weggenommen, die letzte "residential school" hat 1996 geschlossen. Die Regierung hat sich 2008 für ihr Fehlverhalten entschuldigt, aber die Spätfolgen sieht man jetzt. Man wollte die First Nation People westlich machen, europäisch, hat ihnen ihr Land genommen, ihren Glauben, einfach alles und sie in Dörfer verfrachtet, wo es einfach noch nix gab (natürlich mit dem Versprechen, dass es ihnen dort besser gehen sollte). Das Museum hat diese Geschichten wahnsinnig eindrucksvoll erzählt. Alles istinteraktiv, man kann sich die Geschichten anhören, ansehen, viel lesen, es gibt ungemein viele Zeugnisse von damals, Briefe, Zeitungsartikel etc. Und nicht nur die Ureinwohner werden dort dokumentiert, ein ganzes Stockwerk ist dem Holocaus gewidmet, es geht viel um die Rechte von Frauen, Schwulen und anderen Minderheiten. Das Museum ist ganz großartig! Sehr bewegend irgendwie mit den Geschichten, man weiß nicht, was man als erstes sehen will! 

Nach drei Stunden sind wir total geflasht, nachdenklich, aber auch glücklich, dort gewesen zu sein - und müssen zu Fuß wieder zum Auto zurück. Das Unwohlsein tritt wieder auf, aber wir sind ja zu zweit und haben es nicht weit zum Van. Auf dem Weg werden uns Fahrräder angeboten - die müssen ja geklaut sein. Echt, keine schöne Stadt von der Bevölkerung her. Hier muss man nicht leben. 

Wir parken vorsichtshalber bei Schnorton vor der Tür, der Laden hat 24 Stunden geöffnet, so dass wir uns dort sicher fühlen. Trotzdem montieren wir vorsichtshalber alles aus dem Auto ab, das wertvoll aussehen könnte - unsere kleine Digitaluhr am Beifahrersitz, den GPS-Halter, das Radio, die deutschen Haribos werden weggenommen (reiche Touris und so), alles. Das Auto ist im Fahrerbereich fast komplett leer :D Übertreiben wir?! Aber man weiß es ja auch nicht... 

Die Nacht ist kalt, aber ruhig!

Donnerstag, 12.10.2017 - Winnipeg

 

Am Nachmittag haben wir eine Couchsurfing-Unterkunft. Yay! Davor gibts natürlich ein Käffchen bei Schnorti und wir gehen in einen Park, in dem wir uns Skulpturen und unzählige Gänse auf ihrem Flug gen Süden anschauen. Anschließend shoppen wir noch Brot und Bananen bei Walmart, bevor wir uns auf den Weg zur Unterkunft machen. Sie liegt etwas außerhalb, aber wir finden sie recht schnell. Eugene sieht uns schon und macht uns auf, wir können auf seiner Auffahrt parken. Wir haben ein eigenes Zimmer und sind ganz selig! Wir plauschen noch ein wenig und freuen uns über gut funktionierendes Wlan! Eugene ist Lehrer und hat mit der Ureinwohner- und Einwandererproblematik zu kämpfen, da viele Kinder in staatlicher Betreuung sind, weil die Eltern nicht mit sich klarkommen. Er erzählt beunruhigende Geschichten, oh je, Manitoba ist hardcore. Auch mit den Straßen übrigens, von den gepflegten, schlaglochfreien Straßen Ontarios kann keine Rede mehr sein... 

Freitag, 13.10.2017 - Winnipeg

 

Bett- und Internettag! Wir haben TK-Pizza gekauft, über die wir uns tierisch freuen und haben uns für den Abend mit Eugene verabredet. Wir wollen in ein Hotel, in dem ein Konzert aufgeführt wird. Es kostet nix, man muss nur was zu trinken bestellen. Das ist ok! Wir dürfen auch noch unsere Wäsche waschen, super. Abends fahren wir mit seinem Auto dorthin und lauschen einem Western-Swing-Konzert mit Cello, Gitarre und Geige. Das ist echt richtig coole, beschwingte Musik. Der Violinspieler und sein Vater setzen sich noch zu uns an den Tisch und plauschen. Danach, es ist schon recht spät, fährt uns Eugene noch zu ein paar Plätzen, die man in Winnipeg gesehen haben muss (ein rekonstruiertes Fort, eine Kathedrale etc.) und erzählt uns historische Begebenheiten dazu. Ja, ein schöner Nachtausflug. 

Samstag, 14.10.2017 - Winnipeg

 

Wir dürfen noch einen Tag länger bleiben! Jippi! Vor allem, weil es nachts geschneit hat. Nur ein bisschen, ein Glück. Wir fahren morgens mit dem Auto eine Werkstatt an, die aber leider nicht auf hat, weil wir unsere Sommer- in Winterräder ändern lassen müssen. Außerdem wollen wir einen Wintercheck haben, mit Kühlwassergedöns etc. (Man merkt: Hier herrscht Ahnungslosigkeit!). Wir fahren also zurück zu Eugene, um den ganzen Tag lang zu surfen, dösen, relaxen - bis auf ein bisschen die Route Richtung Alberta zu planen. Herrlich, so ein Gammeltag!!! Zu essen gibt es Pierogi von Eugenes Mutter, denn die ist aus der Ukraine. Lecker!

Sonntag, 15.10.2017 - Riding Mountain National Park

 

Raus aus Winnipeg, rein ins Rumfahr-Leben! Von Eugenes Mutter bekommen wir Kekse mit :) Gut versorgt starten wir so also Richtung eines Nationalparks in Manitoba, denn wir wollen gerne noch andere Eindrücke aus dieser Provinz sammeln als nur die etwas zwiegespaltenen aus Winnipeg. Tja - und wir landen direkt in der Prärie! Manitoba und das sich anschließende Saskatchewan, im Herzen Kanadas gelegen, sind tatsächlich die Prärieregionen. Wir fahren durch flaches Land - das Ostrfriesland Kanadas. Hier gibt es überall Ackerland und abgeerntete Weizenfelder. Wir sind, im wahrsten Sinne, ganz platt von der landschaftlichen Veränderung. Als wir den Park erreichen, scheint die Sonne, aber kühl ist es immer noch. Also packen wir uns dick ein. Das Besucherzentrum ist natürlich schon geschlossen, aber wir hatten uns im Vorhinein einen Trail ausgesucht - 6 Kilometer eine Tour. Na mal sehen, ob wir das schaffen, denn es ist auch schon wieder Nachmittag geworden. Wir stiefeln also los, durch einen ziemlich kahlen Herbstwald, denn die Blätter liegen alle auf dem Boden. Ist trotzdem schön, anders. Wir begegnen sogar noch ein paar Menschen, sind aber fast alleine in den Weiten Manitobas. Der Hike ist ganz schön, der Boden ist an vielen Stellen getrockneter Sandboden, der unfruchtbar ist. Man geht an den Berghängen vorbei, die Strecke ist zum Teil anspruchsvoll, aber gut machbar. Gegen 18 Uhr, nach gut eineinhalb Stunden, beschließen wir, umzukehren, denn es wird gegen halb 8 dunkel. Ist auch ok, der Wald und der Trail waren jetzt nicht das Großartigste, was wir je gesehen haben. Wir diskutieren noch, ob es nicht klüger wäre, den Weg bis zum Ende zum anderen Parkplatz zu gehen und dann auf der Autostraße zurückzukehren. Aber da wir nicht genau wissen, wie weit der Parkplatz noch entfernt ist, lassen wir es lieber. Abends fahren wir dann noch ein bisschen weiter, aber da es so dunkel ist und überall Wild-Warnschilder aufgestellt sind, beschließen wir, in irgendeinem kleinen Örtchen einfach stehenzubleiben. Wir entdecken eine Kirche und Außensteckdosen. Jippi! Da kann das Autochen mal wieder richtig schön aufladen und wir können am nächsten Morgen Kaffee trinken und Oatmeal essen (Wasserkocher!). 

Montag, 16.10.2017 - Regina

 

Ein reiner Fahrtag! Wir wollen vorankommen und so viel gibt es in Manitoba nicht zu sehen. Wir überqueren die Grenze zu Saskatchewan - auch dort ist nicht so viel los - es ist flach. Das Spannende ist, dass dieses Flachland, die Prärie, seine ganz eigene Schönheit hat. Es ist irgendwie eintönig, aber doch wieder so anders, dass es toll ist. Zumindest als Beifahrer, als Fahrer muss man sich ja dann doch immer auf die Straße konzentrieren. Anfangs ist der Highway noch zweispurig, später dann einspurig und es stimmt, was man uns prophezeit hatte: Man kann die Autos schon kilometerweit sehen, bevor man an ihnen vorbeifährt. Echt stark. An dem Tag passiert aber nichts mehr Großes, wir kehren bei Schnorti ein und parken abends in Sask's Hauptstadt Regina bei Walmart. Wir beschließen, dass wir keine Lust haben, uns die Stadt anzusehen und bleiben auf dem Parkplatz stehen. Abends gibt es einen Film - wunderbar!

Dienstag, 17.10.2017 - Moose Jaw & Landser

 

Mc Donald's hat ab und zu eine Monopoly-Aktion. Dabei sammelt man Sticker, die auf allen mittelgroßen Getränke, Burgern etc. angebracht sind, auf denen u.a. Sofortgewinne (Eis...) sind (nicht, dass wir so einen schon erwischt hätten... - aber man weiß ja nie.) Wenn man keinen Sofortgewinn hat, sind auf den Stickern Straßen, Plätze oder Flughäfen aufgedruckt. Ziel des Sammelns ist es, das Spielfeld einzuschicken mit der Chance, etwas gewinnen zu können. Wir schauen uns das Spielbrett an und googeln nach den Orten, die wir nicht kennen. Z.B. die Tunnels von Moose Jaw - so ein Zufall, wir sind ja fast in Moose Jaw. Und diese Tunnels klingen ganz gut. Es ist ein irre warmer Tag, 25 Grad bestimmt, T-Shirt-Wetter. Dieses Kanada! So geht es also in das Örtchen, wo wir uns erst einmal ein Brot genehmigen. Wir fragen im Ticketoffice nach Touren für die Attraktion und die nächste Tour soll tatsächlich nur 10 Minuten später starten. Glück gehabt! Wir entscheiden uns für die Al Capone-Tour, bei der es darum gehen wird, was Al Capone und Moose Jaw miteinander zu tun haben. Ja und es ist lustig, denn wir sind tatsächlich die einzigen Besucher für die 12.30 Uhr-Tour... Eine Lady in einem Kostüm aus den 1920ern bringt uns in ein Café, dort geht es Stufen hoch, dann warten wir in einem Raum, in dem viele Bilder von Al "Scarface" Capone hängen. Irgendwann öffnet sich eine Tür und eine junge Frau empfängt uns. Sie stellt sich vor als Fanny, die Clubbesitzerin des Clubs, in dem Al Capone während seiner Alkohol-Geschäfte 1929 einkehrte. Moose Jaw war bekannt als "Little Chicago", wo Al hauptsächlich wirkte. Wir folgen ihr in einen Raum, der wie ein Restaurant aussieht. Es gibt einen Barkeeper und einen Klavierspieler, die aber nur Puppen und keine echten Menschen sind. Die Figuren sind aber so gut gemacht, dass sie sich bewegen und auch mit Fanny sprechen. Wir sehen einen Film über Capones Machenschaften und Fanny erklärt uns unsere Rolle in dem ganzen Tunnelspektakel: Wir sind Alkoholschmuggler und wollen Schnaps aus der Caponeschen Brauerei erwerben. In Kanada gab es keine Prohibition - deshalb siedelte sich Scarface dort zeitweise an. Man muss nur aufpassen, sagt Fanny, dass man nicht dem örtlichen Polizeichef in die Arme läuft. Und dann beginnt eine gut einstündige Geschichte, bei der wir von Raum zu Raum geführt werden, sehen, wo Al Capone sein Büro mit einem schusssicheren Schreibtischstuhl hatte und bei der es schlussendlich in die Tunnel von Moose Jaw geht. Dort empfängt uns ein anderer Schauspieler, dieses mal ein Mann, der uns den Schnaps verkaufen will. Man hört Schießgeräusche, muss sich hinter Türen verstecken, an Wände pressen, geht durch als Regale getarnte Türen - es macht großen Spaß!!! Und das alles für uns beide. 

Danach bummeln wir noch ein ganz bisschen durch das Örtchen und seinen Park und machen uns dann wieder auf den Weg - wir wollen noch in den Great Sandhills Park. Dort soll es genau das geben, riesige Sanddünen wie in der Wüste! Auf dem Weg dorthin ist es windig und wird immer windiger. Und da sehen wir es zum ersten Mal! Das sogenannte Tumbleweed, die vertrockneten Büsche aus der Standardkulisse von Wildwestfilmen, die der Wind vor sich hertreibt. Diese Steppenläufer rollen die Straße rüber und an der Straße entlang, sie verfangen sich in Zäunen und wir beide haben die ganze Zeit die Melodie von Western "Spiel mir das Lied vom Tod" im Ohr. Es ist herrlich! Wie ein Traum. Was nicht so traumhaft ist, ist, dass es immer windiger wird. Wir bleiben in einer Stadt stehen, weil während der Fahrt unsere Dachluke ein Stückchen aufgegangen ist. Daniel drückt die Plastikabdeckung wieder zu und wir fragen einen zahnlosen recht jungen Mann, ob es sicher sei, weiterzufahren. Er sagt ja. In dem Ort ist es wie im Western. Weit und breit nix, leergefegte Staßen und rollende Strohbüsche. Irgendwann entdecken wir in der Ferne eine dunkle Wand. Es sieht aus wie fliegender Sand oder Rauch, wir wissen es nicht. Bewusst abbrennende Stoppelfelder haben wir auf der Reise schon oft gesehen, aber es stürmt ja so doll. Da wird ja nun kein Bauer mehr seine Felder mehr anzünden. Wir entscheiden uns, nicht in die Sanddünen zu fahren, sondern im nächsten Ort den Sturm abzuwarten. Unser Auto schuckelt ein bisschen, nicht so doll, aber merklich. Wir parken also in Landser, kochen uns Kartoffelpüree mit Bohnen in Tomaten- und Maplesoße und schauen noch ein Filmchen. Das Auto wiegt uns in den Schlaf, irgendwie ist diese Wildwestromantik cool.  


Mittwoch, 18.10.2017 - Great Sandhills Park & Dinosaur Provincial Park

 

Gegen 9 Uhr klingelt der Wecker, der Sturm hat sich verzogen. Gut! Wir brauchen ein bisschen, um wach zu werden und beschließen, im Hotel gleich nebenan einen Kaffee zu trinken. Und ja, es ist auch dort beim Reingehen wie im Western: Alle Leute an den Tischen drehen sich zu uns um :D Wir grüßen und bestellen Kaffee. Ob wir die seien, die im Van geschlafen hätten. Ja, sagen wir. Die Leute, sechs an verschiedenen Tischen, sagen irgendwas von Strom. Nein, Strom haben wir nicht im Auto. Alle lachen, denn es geht nicht um unseren Strom, sondern darum, dass der Strom in einem großen Teil von Saskatchewan ausgefallen sei - auch in Landser. Der Sturm war so extrem, dass mehrere Strommasten umgeknickt sind, einige Farmen mit Tieren in Flammen aufgegangen sind und mehrere Dörfer evakuiert wurden. Herrjemine. Und wir dachten gestern noch, dass so ein Sturm in der Prärie ja sicherlich öfter vorkommen würde. Gibt ja keine Bäume, die den Wind aufhalten können. Aber wir werden gegenteilig belehrt, der Sturm war außergewöhnlich heftig! Wahnsinn, was wir alles erleben! Es ist supernett in dem Hotel, alle trinken Kaffee und berichten sich vom Stromausfall. Eine Frau erzählt, dass sie gerade die Bettwäsche ihrer Kinder im Trockner hatte, als nichts mehr ging und sie ihren Kindern beichten musste, dass die Nacht wohl etwas nass ausfalle! Witzig. Wir erfahren alles mögliche über die Gegend, die Farmer etc. und bekommen auch noch eine Wegbeschreibung zu den Great Sandhills. Gegen Mittag fahren wir also los, einmal in die Sanddünen. Auf dem Parkplatz und im Park sind wir alleine. Es ist unfassbar schön. Direkt auf dem Parkplatz liegt der knochige Schädel eines Rinds, Daniel ist hin und weg. Wir können nicht glauben, dass wir ernsthaft in einer Art Wüste gelandet sind. Wenn es jetzt noch heiß wäre, könnte man echt glauben, wir hätten das Land gewechselt. Es ist sooo cool! Unfassbar mega stark. Sandhügel an Sandhügel, einige sind bewachsen, man sieht Rindviecher von weitem und einfach so viel Land. Man kann kilometerweit gucken. Agnes Mum hatte ihr Fernglas dagelassen und besonders Daniel ist davon angetan, die Ferne ganz nah erleben zu können. Wir setzen uns noch ein bisschen in den Sand und lauschen der Stille.  


Wir überlegen, wie der Weg nun weitergehen soll - wollen wir den Dinosaur Provincial Park, der quasi auf dem Weg liegt, noch mitnehmen oder nicht? Daniel sagt nein. Agnes ja. Agnes sagt ok. Daniel sagt ach doch. Also auf zum Provinnzpark. Aber zunächst wollen wir noch günstig in Saskatchewan tanken und müssen feststellen, dass wir offenbar schon in Alberta sind... Hier soll es, obwohl die Provinz die Ölabbauhochburg ist, tanktechnisch teuer sein. Mist! Alberta also. Wir fahren und fahren und kommen plötzlich in eine Landschaft, die man Badlands nennt. Es ist nicht zu fassen, wie schön sie ist! Badlands sind von tiefen, eng stehenden Erosionsrinnen zerschnittene Gelände. Man sieht Canyons und Schluchten, es ist irre schön. Wir können uns nicht sattsehen. Spätestens jetzt ist klar: Um den Provinzpark kommen wir nicht drumrum! Wir steuern einen Parkplatz oberhalb des Parks an, der schon dazugehört und bewundern die Badlands. Agnes sagt, es reicht ihr, von oben ein Foto zu machen, aber Daniel sagt, wenn wir schon da sind, dann auch richtig. Also wandern wir runter und durch den Park. Es ist nicht zu fassen, wie cool das ist. Früher war dort Wasser, wo wir rumgelaufen sind. Und das ganz Besondere am Park ist, dass dort mehr als 500 Dinoknochen aus 35 Arten gefunden wurden. Auf so einer Fläche ist das weltweit einmalig. Man kann sogar ein paar Dinoknochen anschauen. Wir schnacken noch mit einigen Campern und wandern noch ein bisschen. Um uns rum hüpfen Rehe, sie sind so sehr an die Menschen gewöhnt, dass sie keine Angst mehr haben. Im Sonnenuntergang gehen wir zurück - ein toller Ausflug. 

Als wir wieder am Auto ankommen, ist es dunkel und wir beschließen, nicht mehr weiterzufahren, sondern auf dem Parkplatz zu bleiben. Das ist offiziell verboten, aber wir denken, dass so außerhalb der Saison ja wahrscheinlich keiner Wirbel darum machen wird. Der Wind schaukelt uns auch in dieser Nacht in einen guten, erholsamen Schlaf. 

Donnerstag, 19.10.2017 - Strathmore - ein Tag im Zeichen des Passierscheins A38

 

Der Tag fängt recht entspannt für uns an. Wir schlafen bis 8 Uhr und dösen bis 9 Uhr mit wunderbarer Aussicht auf die Tiefen und Weiten des Dinosaur Provincial Parks, es ist recht warm draußen, allerdings auch ziemlich stürmisch. Naja, nichts im Vergleich zum Tag zuvor. Wir wollen heute nach Calgary fahren, um unser Auto winterfest zu machen. Der Weg ist jetzt nicht mehr weit, gut 2,5 Stunden Autofahrt steht noch zwischen uns und Albertas größter Stadt. Wir frühstücken Müsli, haben aber kein Wasser mehr, so dass wir keinen Kaffee machen können - also müssen wir irgendwo ran! Auf der Straße, auf der wir fahren, ist weit und breit nichts außer Ölbohrmaschinen und Kühen, ab und zu sieht man Schafe und Pferde - aber kein Schnorti, Mäcces oder sonstwas - bis wir in Strathmore landen. Dort gibt es alles! Wir gehen zu Mc Do, bestellen zwei mittelgroße Kaffee, haben immerhin zwei neue Orte, die wir auf unser Monopoly-Spielfeld kleben und düdeln ein bisschen mit dem Handy, bis eine Frau an unseren Tisch kommt und sagt, unser Auto sei gerade auf dem Parkplatz angefahren worden und sie hätte das Kennzeichen von der Anfahrenden notiert. Huch?! Wir sind beide ganz erschreckt, Daniel checkt gleich das Auto, aber der Anstoß hat Sir Matelas nix ausgemacht. Wir reden noch mit einigen Leuten am Nebentisch, sie sind aus Ontario. Bevor wir das wussten, hatten wir sie nach einem KFZ-Mechaniker in der Gegend gefragt, denn irgendwie hat sich bei uns der Gedanke manifestiert, doch in Strathmore in die Werkstatt zu gehen. Wir googlen also und fahren eine Werkstatt an. Zu tun gibt es: Winterreifen anmontieren, die Heizung reparieren, das Licht besser einstellen, das Radio zum Laufen bringen und im besten Fall noch das Metallding am hinteren Teil des Autos abschrauben, auf dem die Vorbesitzer ihre Skier transportiert haben. Eine Menge also. Und dann beginnt ein abenteuerlicher Weg für uns :D

Wir fahren zunächst zu Canadian Tire, um zu fragen, wie teuer Winterreifen seien. Mit Montage 650 Dollar. Aber die Reifen sind nicht da, sie müssten bestellt werden, was u.U. bis Montag dauern könnte. Das ist uns aber zu lang. Also fahren wir zu einer Werkstatt, die Agnes ergoogelt hatte, bei der uns ein netter Mann sagt, mit unserer Heizung (die läuft mit dem Propangas von draußen) könne er leider nichts anfangen, wir sollten mal weiterfahren zur Werkstatt im blauen Haus. Der Mechaniker, Seamus aus Irland, ist supernett, nimmt sich viel Zeit und sagt aber, dass unsere Heizung mit einem kleinen Computer arbeite und er das nicht reparieren könne - dazu müssten wir zum RV-Spezialladen. Er würde uns aber empfehlen, einfach eine Campingheizung zu kaufen, die man sich ins Auto stellt und die dann auch mit Gas läuft. Das würde es wohl bei Home of Hardware geben. Für unser Auto und die Winterreifen macht er uns einen Kostenvoranschlag von 700 Dollar, das ist ok, denn er meint, die Reifen seien gut, da hätte er ein gutes Gefühl. Er erzählt noch von seiner Familie, seinen Wanderungen, wir fühlen uns richtig wohl und gut aufgehoben. Wir entschließen uns, das Auto am nächsten Tag bei ihm reparieren zu lassen, denn er kann die Reifen über Nacht bestellen. Und auf zu Home of Hardware. Dort berät uns ein ganz sympathischer älterer Herr in Sachen Campingheizung. Er empfiehlt eine Infrarotlampe, die aber leider nicht da ist und auch erst am Dienstag kommen könnte. Viel zu lang für uns. Wir sollten doch bei Canadian Tire nochmal schauen. Wir fragen den Verkäufer außerdem nach einem pfeifenden Teekessel, der aber leider 36 CAD kosten soll (er war selber erstaunt darüber). Er rät uns, im Thriftshop (Second Hand Laden) neben Kim's Café an der Straße XY zu schauen. Na gut. Aber erstmal zu Canadian Tire. Wir wollen dort zudem unsere Gasflasche tauschen lassen, unsere sieht uralt aus und ist garantiert über 12 Jahre alt, was sie in Kanada aber nicht sein darf. In Sachen Campingheizung kann man sagen, dass kein Mitarbeiter Ahnung hatte, was wir wollen. Aber die Gasflasche bekommen wir für 25 Dollar getauscht und können unsere gleich dalassen. Die Tauschbeauftragte ist sehr unfreundlich, als wir sie darauf hinweisen, dass die von ihr angebotene Gasflasche von 1997 ist und uns zu alt. Wir wollen eine neuere. Sie sagt, sie werde nicht dafür bezahlt, uns Gasflaschen herauszusuchen (was sicherlich Quatsch ist, weil sie einen Stundenlohn bekommt, bei dem egal ist, wie lange sie Gasflaschen heraussucht). Agnes schnappt sich also eine von 1999 - immerhin - und wir fahren zum Thriftshop, der sich als Antiquitätenladen herausstellt. Nein, günstige Teekessel hätte man nicht, aber wir sollen doch einfach morgen früh mal zur Kirche neben der Schule an der Ecke XY fahren, dort sei eine Art Flohmarkt. Der Verkauf sei sogar in diesem Moment schon, mischt sich eine Kundin ins Gespräch ein. Kirche also. Wir haben nicht so recht verstanden, zu welcher Kirche wir sollen und steuern erst die falsche an. Na und dann finden wir aber schnell die richtige mit ganz vielen Autos vor der Tür. Oh man, ja, da ist ein Verkauf! Es gibt alles und alles kostet zwischen 25 Cent und 2 Dollar. Es ist der Wahnsinn. Geschirr, Kleidung, Decken, Trödel, Bücher, CDs - herrlich!!! Wir erstehen zwei Thermoskannen, einen Topfdeckel, eine Mütze, Fäustlinge und mehrere Tücher, um die zugigen Stellen im Auto abzudichten. Es hat quasi nichts gekostet - und außerdem sind alle Verkäufer so lieb und super interessiert an uns. Vor allem in der Bücherabteilung (unser Auto ist inzwischen zur fahrenden Bücherei geworden!) tummeln wir uns, schnacken mit den Verkaufsdamen und erstehen eine Menge Bücher! Es ist zauberhaft! Fünf Bücher für 1 CAD. Neu, alt - egal! Wir fragen nach einem Restaurant, um den Abend abzuschließen und man empfiehlt uns das Roadhouse. Dort snacken wir ganz ok - es ist halt nicht Toronto (und das aus Agnes Mund!) Wir sausen anschließend noch zu Mc Do, weil wir unsere Rechner mal wieder aufladen wollen - leider hat er schon zu. So geht es nur noch zum Mechaniker, bei dem wir auf dem Parkplatz übernachten dürfen. 

Freitag, 20.10.2017 – Calgary

 

Um 7.15 Uhr klingelt der Wecker, bis 8 Uhr gönnen wir es uns aber noch, liegenzubleiben, da es noch so dunkel draußen ist. Dann macht Agnes sich schnell fertig, als wenig später Seamus schon ans Fenster klopft und sagt, dass die Reifen da seien und er anfangen könnte, sobald wir fertig seien. Yeah! Schnell angezogen, Schlüssel übergeben und schon sind wir auf dem Weg zu einem Kaffeeanbieter. Seamus meint, er sei so gegen halb 11 fertig mit allem. Wir wollen eigentlich zu Schnorti, aber statt Schnorti entdecken wir nur eine Tankstelle, die Schnortonkaffee verkauft. Soso. Man müsste sich den Kaffee dort selber zapfen und könnte auch nicht sitzen – also entscheiden wir uns dagegen. Stattdessen entdecken wir A&W, einen Burgerladen, der sicherlich auch ein Frühstücksangebot hat. Tatsächlich! Daniel bestellt einen Frühstücksburger, Agnes Pancakes, dazu Kaffee satt. Man setzt sich hin und bekommt alles an den Tisch geliefert – was für ein Service ist das denn?! Wir sind begeistert. Schade, dass es keinen Strom für unsere PCs gibt – dann stünde A&W ganz hoch im Kurs! Egal – wir düdeln beide ein bisschen rum, essen das leckere Frühstück und irgendwie sind die wenigen Stunden dann doch schnell um und wir machen uns auf den Rückweg. Und Sir Matelas steht tatsächlich schon wieder draußen. Wir sind begeistert. Seamus erzählt – nicht vom Auto, sondern von Wegen und Städten, die wir im Banff Nationalpark auf jeden Fall angucken sollten. Ja, das ist auch wichtig. Er ist ein lustiger Typ, der sich einfach extrem viel Zeit nimmt und berichtet, dass mit ihm sein Sohn, Schwiegersohn und dessen Freund arbeiten. Es sei nämlich extrem schwer, gut ausgebildete Mechaniker zu finden, viele Werkstätten müssten deshalb schließen. Vor allem Zugewanderte haben keine Ahnung von kanadischen Autos (wegen der Wetterverhältnisse, weil man hier sein Auto auch nach 100.000 km noch fährt etc.). Irgendwann berichtet er, dass mit den Winterreifen alles geklappt und er auch unser Radio zum Laufen gebracht hätte!! Jippi!! Beste Nachricht aller Zeiten!! Das Skitransportding aus Metall am Heck hat er leider nicht abbekommen und der Ersatzreifen soll tunlichst dranbleiben, rät er uns. Na gut! Für die Zeit, die er sich genommen hat, bezahlen wir echt nicht viel, insgesamt 750 CAD. Er sagt sogar, dass wenn unsere Sommerreifen nicht so ein seltenes Modell seien, er die bei Kijiji reingestellt und uns das Geld überwiesen hätte. Man man. Ganz großartig!! Leider müsen wir die Reifen so mit ins Auto nehmen und irgendwie unterm Bett verstauen… Wir bedanken uns ganz doll und schmeißen als erstes das Radio an – Radio!!!!

Da wir unseren Einkauf vom Vortag noch nicht ganz abgeschlossen hatten und sich außerdem die Idee entwickelt hat, die Dinge, die wir nicht mehr brauchen, einfach beim Kirchenverkauf zu lassen, führt uns unser erster Weg also wieder zum Church Sale! Wir wollen unseren Elektroofen, eine Auflaufform, den Wasserkocher und ein Buch loswerden und noch eine dicke Decke zum Aufhängen für die Nacht (statt des Lakens, das wir eigentlich aufhängen) und ein Fell für den Boden kaufen – schließlich wollen wir es warm im Auto haben! Ach und der Teekessel fehlt noch. Die Damen, es sind an diesem Tag andere, sind wieder ganz interessiert an uns und freuen sich über die Dinge, die wir dalassen. Tatsächlich finden wir eine Decke, ein Fell und eine „mobile Trinkanlage“ für Wanderungen, außerdem nehmen wir noch ganz viele CDs mit und Agnes bekommt „Anne of Green Gables“ von den Damen, die sie wiedererkennen. Jippi! Wir sind ganz selig und fahren mit großartiger Countrymusik zum Dollarstore – es fehlen immer noch Dinge. Danach noch zu Walmart, um den Einkauf zu komplettieren und dann ist Aufräumzeit. Erstmal müssen die Sommerreifen raus. Dann einmal ausfegen und die Sommerreifen unters Bett schieben. Das passt gerade so. Dann putzen wir von innen und außen, sortieren um und aus, schaffen Platz, tun Unnötiges in die Verstauräume, putzen das Auto von außen und verschaffen ihm noch einen neuen Look – die Stoßstangen werden silber! Sieht viel schöner aus.

Und dann geht es endlich nach Calgary, wo wir uns als erstes um eine Campingheizung in einem Laden kümmern, von dem uns der Verkäufer von Home of Hardware am Vortag erzählt hatte. Die Heizung soll mit kleinen Propangasflaschen laufen, auf die man einen Aufsatz tut. Dabei müssen natürlich immer die Fenster auf sein, was ja kein Problem ist. Agnes gefällt die Idee nicht so gut. Kleine Propangasflaschen im Auto – hmm.. Ist wahrscheinlich Quatsch und Daniel sagt, dass wir das ganz bestimmt ganz sicher verstauen können und alles gut wird. Wir kaufen die Heizung, setzen uns ins Auto und snacken ein Brot. Dann hat Daniel eine ganz tolle Idee: Denn was sollen wir noch zusätzlich mit einer Propangasheizung, wenn wir auch einfach unseren Gasofen anmachen und so ein bisschen heizen können?! Das kommt ja aufs Selbe raus und der Ofen ist irgendwie sympathischer. Also geben wir die just erstandene Heizung mit drei Propangasflaschen wieder zurück – es ist besser so.

Als letztes suchen wir uns einen Schnorti, denn wir wollen die Lappis aufladen – leider gibt es dort keinen Strom, so dass wir zu Starbucks weiterfahren. Strom gibt es und dazu Chai Latte – läuft! 

Samstag, 21.10.2017 – Calgary

 

Morgens gönnen wir uns erstmal einen Starbucks-Kaffee (das ist mit Abstand das günstigste Getränk dort), dann surfen wir beide eine Runde und kaufen anschließend beim Bäcker nebenan unfassbar gutaussehende Scones in sechs verschiedenen Geschmacksrichtungen. Außerdem gönnen wir uns beide ein herzhaftes und ein süßes Brötchen – es ist ein wahres Geschlemme, die Scones heben wir uns aber für später auf! Als wir kurz vorm Losfahren sind, läuft eine junge Starbucks-Mitarbeiterin raus und fragt uns, wie es ist, in einem Van zu leben. Sie habe selbst immer mit dem Gedanken gespielt. Agnes hat ein bisschen was erzählt und das Mädchen folgt ihr jetzt auf Instagram 😊 Anschließend fahren wir zu zwei „Pflichtterminen“: Sowohl unsere alte Kleidung als auch wir müssen mal wieder gewaschen werden! Wir finden einen Laundromaten und Daniel kommt danach auf die super Idee, beim Fitnesstempel nebenan zu fragen, ob wir vielleicht mal kurz unter die Dusche springen können. Kein Problem, aber wir müssen uns beeilen, denn das Center hat nur noch 15 Minuten auf. Wir laufen also zum Auto, packen alles zusammen und werden – typisch Kanada – von zwei Kanadiern aufgehalten, die neugierig sind, warum wir laufen. Es ist zu herrlich! Ob man in Eile ist, was im Mund hat oder sonstwas – ist den Kanadiern völlig egal. Irgendwie eine schöne Mentalität. Als das alles erledigt ist, fahren wir in die City und parken ganz in der Nähe des kleine, CN-ähnlichen Towers. Wir laufen in die Stadt, die uns sehr gut gefällt, alles wirkt so neu und aufgeräumt und hören von irgendwoher Musik – was geht denn in Calgary?! Wir sehen, dass auf einem Platz eine Bühne aufgebaut ist, auf der eine Band spielt. Ganz viele Menschen haben verschiedenfarbige Laternen in der Hand und wir erfahren, dass eine halbe Stunde später, um 19h, ein Lichtermarsch für Leukämieerkrankte, -überlende und -verstorbene stattfinden wird. Ein Fundraising-Spaziergang, dessen Spenden in die Forschung investiert werden sollen. Der Rotary-Club spendiert kostenfrei Hot Dogs mit sensationell leckeren Würstchen und es gibt sogar gratis Kaffee von Mc Do. Ein Traum! Da sind wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort!! Der Marsch beginnt schließlich, die Laternen sind rot (Sponsoren), gelb (Gedenken an Verstorbene) und weiß (Überlebende). Wir laufen mit, gehen an einem indischen Hochzeitspaar vorbei, das von allen Seiten bejohlt wird und kommen irgendwann wieder am Ursprungsort raus. Danach löst sich die Menschenmenge auf und auch wir gehen zum Auto. Wir steuern einen Walmart an, Agnes geht noch kurz rein und lädt ihren PC auf. Sie sitzt auf einer Bank in einer Vorhalle vor Walmart, neben sie setzt sich ein junger Mann aus einem arabischen Land. Man kommt ins Gespräch (warum ist alle Welt so unfreundlich, rücksichtslos und mediensüchtig geworden) und plötzlich sagt der wirklich harmlos und sympathisch wirkende Mann, er habe einen guten Job, viel Geld, nur eine Frau fehle noch. Ach du ahnst es nicht. Agnes gibt Daniel als Verlobten aus, der Mann freut sich für sie und sagt, Familie sei doch das Wichtigste. So ist es. Man verabschiedet sich und Agnes berichtet Daniel von dem Erlebnis. Oh man! 

Sonntag, 22.10.2017 – Upper Kananaskis Lake & Barrier Lake

 

Scones for Breakfast und das erste Mal Berge – wir sind in den Rocky Mountains gelandet. Es ist nicht bzw. nur schwer zu fassen, dass die Landschaft um uns rum Realität sein soll. Die Berge, Seen, Flüsse, der Schnee, alles sieht wie gemalt aus. Wie Postkartenmotive. Alles ist voller Postkartenmotive. Auch wenn wir beide schon einmal in der Schweiz oder überhaupt in den Bergen waren, sind die kanadischen Rockies im eigenen Auto doch noch einmal eine andere Hausnummer. Man kann es nicht beschreiben, man muss es erleben.

Agnes hatte auf Google Maps ein paar Plätze als „Favoriten“ markiert, von denen sie Gutes gelesen hatte – als erstes stand der Upper Kananaskis Lake auf der To-See-Liste. Wir entdecken davor ein Infocenter, in dem die Mitarbeiterin uns erzählt, dass oben ein Schneesturm herrsche. Ach??! Wir müssen darüber schmunzeln, weil das so unerwartet kommt. Unten ist strahlender Sonnenschein und oben ist der Schneesturm. Die Lady empfiehlt uns den Weg dorthin trotzdem, er lohne sich. Außerdem beschreibt sie einen Trail um den Barrier Lake, der sehr schön sein und nur 10 Kilometer lang sein soll. Na gut. Also erstmal hochfahren. Irgendwo in der Mitte fängt es an, sich zuzuziehen und tatsächlich – wir sehen den ersten Schnee. Ist ja nicht zu glauben! Die Straßen sind frei, aber auf den Bergen und am Wegesrand häuft sich etwas weißes Gold. Na und oben müssen wir uns richtig einpacken – Mütze, Schal, Handschuhe – und raus in die Kälte. Wir schauen uns den Lower und Upper Kananaskis Lake an, die Berge sind im Nebel-Schnee-Dunst verschwunden. Beeindruckend ist es dennoch! Wir spazieren noch ein bisschen am See entlang, wollen dann aber wieder runter in die Sonne, um den anderen Trail noch mitzunehmen. Gegen 15.45 Uhr sind wir startklar. 


Der Barrier Lake hat eine unnatürlich blaue Farbe, es ist traumhaft schön, nur die Sonne ist nur noch partiell da. Immer mal wieder taucht sie hinter Wolkenformationen auf. Egal. Wir ziehen uns warm an und laufen los – ohne Wasser oder Müsliriegel, weil wir denken, 10 Kilometer sei ja gar nicht so viel. Es geht recht gemächlich los, aber schon bald steigt der sogenannte „Prairie View Trail“ doch ganz schön an. Insgesamt überwinden wir gut 600 Meter Höhenanstieg. Es geht fast nur durch Wald, glücklicherweise liegt fast kein Schnee. Die Sonne versucht, sich ihren Weg durch die Wolken zu bahnen – und es gelingt ihr, als wir schließlich am Barrier Lake Lookout sind. Eine traumhafte Aussicht, dafür hat sich der doch gar nicht so leichte Weg gelohnt! Wahnsinn, wie unnatürlich der See aussieht. Das muss alles Fototapete sein! Wir genießen den Blick, steigen noch ein bisschen höher und machen uns schließlich gegen 17.45 Uhr auf den Rückweg. Leider verschätzen wir uns mit der Entfernung nach unten etwas, denn der Lookout ist nicht auf der Hälfte des Trails, wie wir denken. Wir haben also noch mehr als die Hälfte der Strecke vor uns und gegen 18.30 Uhr setzt die Dämmerung ein. Oh man, wir Blödis. Wie die Anfänger!!! Naja, wir finden unseren Weg runter, es geht schließlich auch nur noch am See entlang auf einer ziemlich matschigen Autostrecke. Trotzdem, so ganz wohl fühlen wir uns in der fremden Landschaft in der Dunkelheit nicht. Gegen viertel vor 20 Uhr erreichen wir wohlbehalten das Auto und wissen, dass wir in Zukunft a) nicht nur nach der Länge des Trails, sondern auch nach der ungefähren Dauer fragen werden b) nicht mehr nach 15 Uhr hiken werden, es sei denn, es ist ein echt kurzer Weg c) uns für einen langen oder zwei kurze Hikingwege am Tag entscheiden werden d) nie ohne Wasser und Müsliriegel wandern werden! Im Auto machen wir uns erstmal Teewasser heiß, außerdem gibt es Nudeln. Das haben wir uns verdient. In der Nacht werden wir vom Wind etwas geschaukelt, trotzdem schlafen wir gut!

Montag, 23.10.2017 – Ha Ling Peak

 

Wir wachen morgens mit Blick auf den wunderschön in der Sonne glitzernden Barrier Lake auf! Nach ein paar Fotos führt uns unser Weg nach Canmore – einmal ins Visitor Center, um zu erfragen, was für Trails man machen kann, einmal kurz einkaufen und einmal schnell ins Internet. Wie das immer so ist – so schnell geht das alles gar nicht, so dass es schon wieder gegen 14 Uhr ist, als wir uns auf den Weg machen. Uns wurde der Berg „Ha Ling Peak“ empfohlen, es soll ein Weg von 5,4 Kilometern mit einer Steigung von 750 Metern sein. Insgesamt ist der Berg gut 2.400 Meter hoch. Es soll recht anstrengend werden, vor allem, weil oben viel Schnee liegt. Na, mal sehen, wie das wird. Mit Hikingsticks, Trinken und Essen bewaffnet, begeben wir uns also auf den Weg und bleiben leicht erschrocken vor einem Schild stehen: In der Gegend sind in den letzten Tagen viele Cougars, Berglöwen, gesichtet worden. Man soll viel Lärm machen und am besten mit mehreren zusammen gehen. Da vor und hinter uns noch einige andere Wanderer sind, machen wir uns keine Sorgen und stiefeln los. Es ist superkrassmega anstrengend, zumindest für Agnes. Es geht nämlich tatsächlich hoch hoch hoch. Es gibt keine Strecken, die mal kurz geradeaus führen, nein, es ist eine stetige Steigung. Gar nicht unweit vom Beginn des Weges fängt der Schnee an. Das ist nochmal extra anstrengend, weil insbesondere festgetretener Schnee immer eins bedeutet: Rutschgefahr! Wir bleiben zwar zwischendurch immer wieder stehen und verschnaufen, trotzdem ist Agnes fix und fertig, als wir fast ganz oben angekommen sind. Es ist echt ein krasser Trail, denn kurz vor der Bergspitze gibt es nichts mehr außer Schnee, Eis und Granitbrocken. Hochkommen geht immer, aber runter?! Sie ist mit den Nerven ganz schön am Ende, die Anstrengung und die leichte Panik, wieder heil am Parkplatz anzugelangen, sind einfach etwas viel. Daniel tröstet sie und sagt, wir müssen nicht ganz bis zur Bergspitze, gut 50 oder 100 Meter weiter unten, kurz vor uns, kann man auch schon ins Tal und über die anderen Berge schauen. Ja, das geht und das machen wir. Es ist irre kalt dort oben und wir gönnen uns nur eine minimale Pause – lieber schnell wieder runter. Außerdem ist es auch schon wieder gegen 16.30 Uhr und wir wollen nicht in der Dunkelheit unten ankommen. Der Rückweg, vor dem Agnes Angst hatte, gestaltet sich für sie viel leichter als erwartet. Sie trägt die Schuhe, die sie sich für die Arbeit bei Tim Hortons gekauft hatte – rutschfeste Schuhe mit vernünftiger Sohle. Sie kommt recht problemlos durch den festen Schnee nach unten. Dafür hat Daniel mit seinen extra für den Winter gemachten Schuhen extreme Probleme. Er rutscht weg und ist irgendwann richtig in Sorge, dass er nicht vernünftig runterkommt. Da fällt uns nur eine Lösung ein: Wir müssen Teile des Weges auf dem Po runterrutschen. Man, das macht Spaß! Es ist herrlich, unsere Stimmung ist wieder richtig gut. Auf dem Po ins Tal – es ist ein riesiger Spaß, auch, wenn es etwas kalt ist und manchmal das Steißbein etwas in Mitleidenschaft gezogen wird. Zwischendurch müssen wir immer wieder klettern, uns an Bäumen festhalten und echt doll aufpassen, nicht wegzurutschen. Aber ja, klappt alles gut – Gott sei Dank, und zwar im wahrsten Sinne. Auf dem Weg runter treffen wir noch einen Deutschen, der nach uns oben angekommen ist. Er hat Spikes unter seinen Schuhen und hüpft den Berg nur so runter. Spikes also! Wir treffen auch noch ein ziemlich fertiges Pärchen, das es noch bis nach oben schaffen will. Ob die sich das gut überlegt haben, sie müssen schließlich auch wieder runter und die Berglöwen-Gefahr ist ja nun real. Wir machen beim Runtermarschieren genug Lärm für Vier! Wir lachen, fluchen, lachen wieder. Und sind heil froh, als wir irgendwann das Autochen entdecken. Es gibt Tee mit Ramen und einen netten Standplatz für die Nacht – direkt an einem See.

Und was haben wir aus diesem Trail gelernt? Rechtzeitig losgehen, damit man Pausen machen kann und sich nicht hetzen muss! 


Dienstag, 24.10.2017 – Grassi Lakes

 

Heute ist Entspannungstag! Wir wachen mit herrlichem Blick auf, frühstücken und besuchen dann die Grassi Lakes am unteren Teil des Ha Ling Peaks. Die Grassi Lakes erreicht man über einen Pfad, der als „leicht“ markiert ist. Man läuft eine Stunde etwas hoch und wird mit einem ziemlich sensationellen Blick auf einige Seen belohnt, die von grün in tiefblau übergehen. Diese Farben im See – der Burner! Wir marschieren noch ein bisschen höher, um den Blick auf die Seen zu haben. Ist echt super! Abends machen wir in Banff, wo wir inzwischen angekommen sind, die Wäsche. Banff ist, ebenso wie Canmore, ein Touriort, aber ein sehr schöner. Super gepflegt, es gibt alles. Nach der Wäsche genießen wir noch ein bisschen Inet bei Starbucks, abends fahren wir zum Hauptbahnhof, wo wir halblegal parken. Denn übernacht-parken ist fast überall verboten – klar, die Hotels wollen ja Geld machen! Aber dort klappt es. Lediglich das Tröten des Zugs stört ab und zu, denn die Kanadische Eisenbahn muss auch an geschlossenen Bahnschranken die Zugsirene betätigen, ab einer Viertelmeile vorher. Na und die Züge fahren bis Mitternacht... Naja, ist nicht so schlimm! 


Mittwoch, 25.10.2017 – Tunnel Mountain

 

Morgens, nach einem Käffchen im Auto, fahren wir zu den „Cave und Basins“ von Banff – eine National Historic Site. Endlich mal wieder. Hierbei handelt es sich um heiße Quellen, die 1883 von drei Mitarbeitern der Kanadischen Eisenbahn entdeckt wurden. Die Höhle mit dem heißen Wasser und die Becken kann man besichtigen. Weil die Siedler Ansprüche anmelden und das Land kaufen wollten, entstand hier der erste Nationalpark Kanadas: Die Regierung wusste nämlich um den Wert der heißen Quellen und schob den Kaufabsichten einen Riegel vor. Stattdessen entschied man, das Gebiet zum Nationalpark zu machen. Heute ist es sogar Teil der UNESCO Rocky Mountain Parks World Heritage Site (was für ein Name!). Die Quellen stinken übrigens bestialisch, denn im Wasser ist Sulphur. Wir interpretieren das als eine Art Schwefel. Es riecht wie faule Eier, uhhhh! Schnell wieder weg da. Man kann sich noch viele Infotafeln, Filme und eine Ausstellung, wie die bahnbauenden Siedler damals gelebt haben, ansehen. Ganz cool! 


Wandertechnisch hatten wir uns bereits im Vorhinein noch für den Tunnel Mountain entschieden. In der Touristeninfo hatte uns eine Dame gesagt, der Trail sei nett, recht leicht, auch wenn mit Steigung und mit einer schönen Aussicht. Na bitte sehr. Davor machen wir aber noch Halt an einem Ausguck – wir schauen uns die Bow Falls und das Hotel Fairmont an. Das Hotel ist ein Traum! Wunderschön konstruiert und alt – es entstand Ende des 19. Jahrhunderts. Von da fahren wir zum Parkplatz für den Tunnel Mountain, ziehen uns wandertechnisch an und machen uns auf den Weg. Ein super Trail, wunderbar ausgebaut und ok schlimm, eher nicht so schlimm, ansteigend. Wir lassen uns Zeit und wundern uns über einen Jungen, der uns laufend mehrfach wieder entgegen kommt. Daniel fragt irgendwann, was da los ist: Der Junge erklärt im Laufen, dass er den Berg 24 Stunden lang hoch- und runterjoggt! Was lustig ist, ist, dass er immer neue Begleitpersonen dabei hat. Ob er die unten abliefert und dann neue kommen?! Wir wissen es nicht, entscheiden aber, dass der Junge wohl verrückt ist. Vor allem, weil es in der Nacht -8 Grad werden soll. Er läuft von 9 bis 9 Uhr – herrje. Wir genießen, nicht laufen zu müssen, sondern gehen zu dürfen! Oben angekommen, lässt sich die Sonne blicken und wir genießen eine wirklich richtig schöne Aussicht! Hat sich gelohnt. Wir fahren, nachdem wir wieder unten sind, noch schnell zur Touriinfo – einmal abwaschen. Außerdem gehen wir einkaufen – Wurst und Käse fehlen! Anschließend futtern wir – Nudeln mit Käsetomatensoße steht auf dem Speiseplan. Lecker. Vor allem, wenn man Ketchup dazutut 😊 Abends bummeln wir noch einmal durch die Stadt und gönnen uns dann Strom und Internet bei Starbucks! Die Nacht verbringen wir wieder auf dem Bahnhofsparkplatz. Warum auch nicht!


Donnerstag, 26.10.2017 – Upper Bankhead & Lake Minnewanka

 

Heute soll es der sogenannte „C-Level Cirque“ zu Upper Bankhead sein. Bankhead ist eine Geisterstadt, die von 1903-1923 eine Kohlemine war. Daniel entdeckt eine Touriinfo am Bahnhof – die Frau dort empfiehlt noch einen Ausguck auf dem Trail, von dem aus man den Lake Minnewanka sehen können soll. Ok, abgespeichert. Recht früh fahren wir zum Trail und beginnen, um 12 Uhr zu klettern. Wir sind ziemlich alleine da, es ist super schön. Eine Strecke soll so 1,5 Stunden dauern, insgesamt soll man für die gut 8 Kilometer also drei Stunden brauchen. Man muss 450 Meter Steigung bewältigen und kommt auf gut 1920 Metern an. Wir kommen an den alten Kohleminen vorbei und an den verlassenen Betonhäuschen. Tatsächlich entdecken wir den nicht ausgeschilderten Ausguck auf den Lake Minnewanka und denken, dass wir diesen Ausblick sicherlich auch noch einmal oben am Ende des Trails haben werden. Aber Pustekuchen! Der Trail endet einmal nicht mit Ausblick auf einen See, sondern mit der Sicht auf eine Eiswand. Es ist total beeindruckend! Vor uns erstreckt sich eine Felswand aus Schnee, Geröll und einigen Bäumen. Wir machen Fotos, snacken Müsliriegel und laufen in Ruhe wieder zurück. Es ist ok rutschig, mit Zeit lässt sich jeder Trail gut bewältigen. Trotzdem beschließen wir, uns nach Spikes zu erkundigen, denn die Dame in der Touriinfo hatte Daniel gesagt, Parks Canada würde welche verkaufen. Und entspannt die Eis- und Schneedecken, die uns mit Sicherheit noch erwarten werden, runterlaufen zu können ist doch cooler als immer mit Rutschgefahr im Rücken. 


Wir wollen aber heute noch weiter, einmal an den Lake Minnewanka ran und dort ein bisschen rumlaufen. Die Info-Lady hatte den Wanderweg „Stewart Canyon“ empfohlen, der halt zu einem Canyon führt. Wir laufen also an dem traumhaft wunderschön nicht zu fassen hell- bis tiefblauen See entlang, es ist herrlichster Sonnenschein, die Asiaten bevölkern alle Selfie-Fotopunkte :D Und wir genießen die Traum-Aussicht. Der Stewart Canyon soll ein Weg von einem Kilometer sein, kein Problem also. Ist er aber gar nicht. Er ist viel länger! Wir sind beide recht erschöpft, wollen uns die Aussicht aber nun auch nicht nehmen lassen und ziehen den Trail bis zum Ende durch. Kanada und ausschildern – wird nicht besser! Das hat Agnes auf einer Internetseite als Erklärung gefunden:

„The trail sign says 0.8 kilometers (½ mile) to Stewart Canyon but this is misleading and represents the one-way distance between the trail-head and the bridge. In total, from the parking area to the river gorge and back this great little hike is about 6.5 kilometers (4 miles) return overall with negligible elevation.“
Also sind wir nochmal 6,5 Kilometer gegangen. Ist aber auch schön, am Ende des Pfades sieht man, wie der Fluss, der in den Lake Minnewanka übergeht, sich in die Schlucht, den Canyon, windet. Auf dem Rückweg genießen wir den See noch einmal in der Abendsonne und gönnen uns – wieder zurück auf dem Bahnhofsgelände – erst einmal sensationell leckeren Kartoffelpüree mit Gurken und Caesar-Dressing. Eine sensationelle Kombination! Wir entscheiden uns dieses Mal nicht dafür, bei Starbucks zu surfen, sondern fahren ins Citycenter, um dort im Auto super Internet genießen zu dürfen. Banff hat ein Public Wifi, das supergut ist!


Freitag, 27.10.2017 – Sulphur Mountain

 

Bumm! C’est le choc, hieß es im Französischbuch immer. Wir  werden davon wach, dass jemand gegen unser Auto gebumst ist. Ein Glück nicht doll, nix it beschädigt. Aber wach sind wir, was auch gut ist, denn wir wollen heute weiterfahren – und das nicht allzu spät. Aber zunächst einmal gehen wir im Infocenter der Bahn Haare waschen, die Wasserhähne dort sind wunderbar hoch. Da geht der Kopf perfekt drunter! Außerdem waschen wir noch unser Geschirr ab. Danach führt uns unser Weg zum Parks Canada Infocenter, denn wir haben uns dafür entschieden, uns für unsere Schuhe Spikes zu kaufen. Die Dame berät uns sehr gut und gibt uns weitere Adressen in Banff, bei denen wir auch noch einmal schauen können. Letztlich haben tatsächlich alle die gleichen Spikes, die man anders nennt. Es sind auch nicht Spikes wie von Fußballschuhen, sondern vielmehr kleine Metallösen, die in Linien unter dem Schuh langlaufen. Rundherum ist Gummi gespannt, das man sich dann rund um seinen Schuh klemmt. Quasi 😊 40 Dollar, ist nicht wenig, aber wenn wir damit rutschfrei durch den Winter kommen, ist es das wert. Die Dame im Infocenter informiert uns, dass die Gondel, die zum Sulphur Mountain führt, zumindest auf dem Weg runter umsonst sei. Normalerweise kostet ein Weg mit der Gondel 31 Dollar. Ha! Und schon haben wir unser eigentliches Ziel für den heutigen Tag geändert – wir fahren nicht weiter, sondern bleiben in der Nähe von Banff – um auf den Sulphur Mountain zu steigen. 5,5 Kilometer soll es hochgehen, das soll zwei Stunden dauern und insgesamt werden wir auf gut 2.500 Metern sein. Die Steigung ist 650 Meter – gar nicht so wenig. Oben soll Schnee liegen. Dieses Mal sind wir ideal vorbereitet: Wir tragen unsere Jacken beide um die Hüfte, denn sie sind einfach zu warm zum Wandern. Stattdessen tragen wir Shirt und Strickjacke, das ist eine bessere Wahl. Der Weg führt in Serpentinen hoch, wir begegnen vielen anderen Wanderer, einige überholen uns, einige überholen wir. Irgendwann oben fängt der Schnee an, aber wir brauchen unsere neuen Spikes noch nicht – der Schnee ist nicht so schlimm festgetreten, so dass man guten Halt hat. Es ist einigermaßen anstrengend, aber nicht allzu schlimm – nach 1h45 sind wir oben angelangt. Das liegt auch daran, dass hinter uns anstrengende, laut quatschende Deutsche sind, denen wir davoneilen wollen! 😊 Dabei hatte der Plan sogar zwei bis zweieinhalb Stunden prophezeit! Oben ist es sehr schön, es gibt ein Infocenter mit Filmen, Infotafeln, Fotomöglichkeiten und einem Café. Wir ruhen uns aus und machen uns dann noch auf den Weg zur ehemaligen Wetterstation, die auf dem Gipfel des Berges ist. Dort führen Stufen hin, ein recht entspannter Weg also. Insgesamt verbringen wir fast zwei Stunden oben, bevor wir die Gondel ins Tal genießen. Ein echter Luxus und wir sind froh, dass wir den Schnee-Eis-Weg runter nicht gehen müssen. Unten angekommen, snacken wir Nudeln, trinken Tee, suchen uns einen Parkplatz an der Touriinfo und düdeln noch ein bisschen bei Starbucks rum. Dann ist auch schon wieder Schlafenszeit und für Daniel Ausruhzeit – sein Knie tut seit dem Ha Ling Peak weh